Biografie
Peter Stohrer, geb. 1951 in Mülheim an der Ruhr, besuchte von 1969-1971 die Werbefachschule in Dortmund und studierte anschließend von 1971-1975 visuelle Kommunikation sowie Malerei an der Folkwanghochschule Essen, u.a. bei Prof. Helmut Sundhaußen.
1982 verließ er das Ruhrgebiet in Richtung Frankfurt und lebte dort nahe des Rotlichtviertels. Im Strich der „Neuen Wilden“ entstanden Großstadtbilder und raumumspannende Malerei-Environments auf Pappe; roh, direkt, pulsierend. 1984 verlegte Stohrer seinen Lebensmittelpunkt in die dynamische Kunst- und Theaterszene Kölns, arbeitete als freier Künstler wie Bühnenbildner und setzte sich intensiv mit den Möglichkeiten des Raum-Bildes auseinander.
Von 1993 bis 1997 war er Vorsitzender des WBK (Wirtschaftsverband Bildender Künstler). Gemeinsam mit der Künstlerin Gunhild Söhn und dem Kunsthistoriker Clemens Heinrichs sorgte er für eine Öffnung des Verbands nach außen und verantwortete zahlreiche Ausstellungen.
2004 gründete er zusammen mit der Künstlerin Anne Berlit den BeSt Kunstraum, Raum für Gegenwartskunst in Kettwig, den er bis 2013 betrieb. Neben grafischen Auftragsarbeiten für Kulturinstitutionen, entstanden in dieser Zeit seine „Malkörper“, Rasterbilder und Farbmalereien. Von 2012-2017 leitete er die Städtische Galerie Schloß Borbeck in Essen, wo er hauptsächlich konkrete und raumbezogene Kunst aus Deutschland zeigte. Neben seinem vernetzenden Engagement riss – trotz schwerer Erkrankung – die bis zuletzt produktive Zeit im Atelier nie ab.
Timeline
Kalte Platten
1951 – 1961
Peter Stohrer wird 1951 in Mülheim an der Ruhr geboren. Sein Vater Waldemar Stohrer ist Jahrgang 1896, seine Mutter Maria Stohrer, geb. Ferschen, Jahrgang 1921. Waldemar Stohrer ist zu dieser Zeit Witwer und ein erfolgreicher Großhändler für Tabakwaren in Essen. Maria, genannt Mia, arbeitet als Laborantin in Mülheim an der Ruhr. Sie hat eine im Krieg gefallene Liebe hinter sich, als sie Waldemar kennenlernt und in sein Haus nach Kettwig zieht.
Dort übernimmt sie mit Leidenschaft die Neueinrichtung des Hauses, was Peter schon als Kind zu faszinieren scheint. Er geht der Mutter zur Hand, insbesondere bei der Dekoration, gern auch von Kalten Platten, die damals die Visitenkarte einer jeden guten Hausfrau waren.
Das Einzelkind Peter wächst wohl behütet, aber nicht verwöhnt in die Wirtschaftswunderzeit hinein. Er spielt wild und ungestüm und entwickelt erste Projektideen. So steckt er einen Parcours für Ponys auf dem heimischen Rasen ab, malt mit Hingabe ein großes Schild, auf dem Ponys abgebildet sind und das mit dem Versprechen lockt: „Ponyreiten 5 Pfennig“. Doch leider kommt niemand vorbei.
Seine Schulnoten sind bescheiden, allein in Heimatkunde und Zeichnen ist er recht gut. Die Versetzung aufs Gymnasium ist gefährdet und so beschließen die besorgten Eltern, das Kind ins Internat zu schicken. Eine Entscheidung mit Folgen.
Nicht kleckern – klotzen!
1961 – 1971
Peter fühlt sich abgeschoben und ist nachhaltig sauer auf seine Eltern.
Im Jungen-Internat Schloss-Senden herrscht noch Kommisston und das Essen ist entsprechend mies. Hier probt er mit einem Mitschüler den ersten Aufstand. Die beiden 10-jährigen verlassen auf eigene Faust das unfreundliche Haus, setzen sich in den Zug und fahren zurück zu ihren Eltern. Verzweifelt wird Abhilfe gesucht. Es folgen Aufenthalte in den Internaten Lüdinghausen und Diestedde, ebenfalls im Münsterland.
Dort lernt Stohrer gruppendynamische Prozesse zwischen Jungen kennen, macht Bekanntschaft mit nationalsozialistisch geprägten Lehrern, mit katholischen Messen und Münsteraner Frühschoppen. Nachts hört er heimlich BFBS: The Kinks, The Who, The Beatles, The Rolling Stones. Als er 1968 mit einem Mittlere-Reife-Abschluss nach Kettwig zurückkehrt, sind seine Haare zu lang und die alten Freunde weg.
Obwohl Mia sehr für das Schöne ist, findet sie Peters Ansinnen Schaufensterdekorateur zu werden, nicht besonders seriös. Und Waldemar, der gerne studiert hätte, ist auch ziemlich enttäuscht. Peter zeichnet und malt gerne, warum dann nicht auf eine Werbefachschule gehen? „Es ist doch fast so wie Dekorieren“, meint der Vater. 1969 schreibt er sich in die Dortmunder Werbefachschule ein.
In der Werbefachschule lernt Peter Stohrer, dass ihm das Handwerk als Handwerk Spaß macht, aber dass er mit den Inhalten nicht besonders viel anfangen kann. Das Credo „Nicht kleckern – klotzen!“ ist so gar nicht seins. Trotzdem schließt er als Werbefachmann ab. Es ist die Zeit der Vietnamproteste, der Kritik an der Wohlstandsgesellschaft, die Zeit der kleinen und großen Rebellionen, der Kriegsdienstverweigerung. Auch wenn die Eltern gegen seine Haarlänge ankämpfen, so ist die Kriegsdienstverweigerung etwas, was besonders sein Vater unterstützt.
Der Schulabgänger besucht Museen, wälzt Künstlerkataloge, beschäftigt sich mit Max Ernst, Max Beckmann, Pablo Picasso, Salvador Dali. Es entsteht eine Vielzahl Tuschezeichnungen im surrealistischen Stil. Seine ersten Ausstellungen bestreitet er schon als 18-jähriger im Westfälischen Landestheater mit surrealistischen Bildern, die in der Zeitung Beachtung finden. Derart bestärkt, bewirbt sich der 20-jährige an der Folkwangschule, wird angenommen und beginnt sein Kunst-Studium im Wintersemester 1971.
Folkwang oder wie sich ein Bild findet
1971-1981
Die Folkwangschule mutiert zur Gesamthochschule und das Fach Kunst zum schnöden Fachbereich 4 Kunsterziehung und Gestaltung, Studienrichtung: Visuelle Kommunikation. Der Student Stohrer verbringt seine Zeit wie so viele seiner Generation, mit dem Nachdenken über die Gesellschaft, über Kultur, über Musik, über Krieg und Liebe. Er jobbt als Taxifahrer, beobachtet Menschen und notiert kunsttheoretische Texte. Hin und wieder wird mit Freunden Fußball gespielt, durch Europa gezeltet und dabei sehr viel gezeichnet. In seinen Skizzenbüchern notiert er selbstironisch „Stohrers gesammelter Unfug“.
Der Student, der schon immer ein fleißiger Ausstellungsgänger war, spürt, dass die neue studentische Freiheit ihn in Essen künstlerisch nicht wirklich weiterbringt. Zu seinen Professoren gehören u.a. Helmut Sundhaußen und Johann Glagovsek. Solides Handwerk wird vermittelt, doch der Student vermisst Zeitgemäßes, Inspiration und Reibungsfläche. Er bewirbt sich an der Kunstakademie Düsseldorf – jedoch um eine Kommastelle erfolglos. 1975 schließt er sich der Werkstatt Kettwig an, einer Gruppe Folkwangstudent*innen, die gemeinsam arbeiten und ausstellen wollen. Die Werkstatt Kettwig gehört wie Snap oder Gruppe Werden in Essen zu jenen Kreativen, die erkennen, dass sie gemeinsam vielleicht stärker wären, als wenn sie als Einzelkämpfer aufträten. Im Januar 1976 macht Stohrer seinen Abschluss zum graduierten Designer mit der programmatischen Abschlussarbeit „Wie sich ein Bild findet“. Er arbeitet beständig an seiner weiteren künstlerischen Entwicklung, hängt noch drei Jahre Kunstpädagogik-Studium an, das ihn aber nicht wirklich interessiert.
Er will malen.
Konsumanstalt
1980-1984
Es trifft sich gut, dass 1980 der Nachbar und „Kunsthaus“-Mitbegründer Rolf-Maria Rexhausen neue Mitstreiter*innen sucht für eine Wohn- und Arbeitsgemeinschaft im Norden der Essener Innenstadt, in der ehemaligen Kruppschen Konsumanstalt. 950 qm wollen mit Werkstätten und Ateliers bespielt werden. Gemeinsam leben, gemeinsam arbeiten und gemeinsam kreativ die Gesellschaft verändern – die progressiven Bewegungen aus den 70er Jahren führen auf pragmatischen Wegen in die 80er.
Stohrer teilt sich ein Atelier mit Frank Rosatis, den er noch aus Studientagen kennt und nimmt mit Rolf-Maria Rexhausen, der zu dieser Zeit Stahlplastiken kreiert, an Ausstellungen in Dortmund, Köln und Saarbrücken teil. Im angehenden Fotografen Clemens Willenberg findet er einen guten Freund, mit dem er vor allem den sensiblen Blick auf das, was man Wirklichkeit nennt, teilt.
Dort intensiviert sich auch seine Beziehung zur Schauspielerin Dana Savić, die kurze Zeit später seine Lebenspartnerin werden wird. Die Wohngemeinschaft Konsumanstalt versucht die eine oder andere gemeinsame Aktion zu initiieren, sieht jedoch bald ein, dass sich die sehr unterschiedlichen beruflichen Hintergründe und Lebensansprüche nicht einfach unter einen Hut bringen lassen.
Frankfurt
Dana Savić verlässt schon Ende 1981 die WG aufgrund einiger Engagements am Theater am Turm nach Frankfurt, Peter Stohrer wird ihr 1982 folgen. Das Paar wohnt in der Gutleutstraße – am umtriebigen Baseler Platz, unmittelbar hinter dem Frankfurter Hauptbahnhof und inmitten des Rotlichtviertels. Der Künstler fühlt sich von der Subkultur angezogen, von den Menschen und ihren Sehnsüchten, von den Insignien der Bankenmetropole, von ihrer Widersprüchlichkeit und ihrer Gnadenlosigkeit. Er fotografiert viel und benutzt diese Fotografien später als Vorlage für die großformatigen „Großstadt-Impressionen“ auf Pappkarton. Im Stil der „neuen Wilden“ wird der Umgang mit Farbe, Motiv und Material respektloser. Im Dunstkreis des legendären Theaters am Turm lernt Stohrer die subversive Kraft kompromissloser Schauspieler wie Volker Spengler oder transsexueller Shootingstars wie Zazie de Paris, kennen. Dieses erste -Tête-à-tête mit der schillernden Welt des Theaters bleibt nicht ohne Einfluss auf seine Bilderwelten.
Aufgrund besserer Arbeitsbedingungen und gesundheitlicher Beschwerden am versmogten Baseler Platz, entschließt sich das Paar, Frankfurt zu verlassen und nach Köln zu ziehen.
Theaterszenen und Bilderfolgen
1984-1994
Im rechtsrheinischen Köln-Poll, in der Nähe der Südbrücke, mietet sich das Paar in eine ehemalige Arztpraxis ein. Der Künstler hat nun zwei große Ateliers, eines im Erdgeschoss und eines im Untergeschoss, wo sich einst das Therapie-Schwimmbecken befand. Das Schwimmbad-Atelier wird später im Rahmen eines Beckett-Theaterprojekts zum Bühnenraum. Es folgen weitere Bühnenbildarbeiten, so für das Severinsburg-Theater, Theater am Sachsenring und die freie Gruppe Theatersyndikat. Savić / Stohrer bilden nun auch eine Arbeitsgemeinschaft – der Künstler profitiert von der dramaturgischen Erfahrung der Schauspielerin und Regisseurin und diese wiederum vom bildnerischen wie technischen Einfallsreichtum des Künstlers.
Parallel zur Bühnenbildarbeit erforscht Stohrer in Zeitschrift-Collagen Zeitgeist-Phänomene und verlässt sich – analog zur Szenenfolge im Theater – nicht mehr auf ein einzelnes Bild, sondern sucht den Dialog unterschiedlicher Bildsprachen in Sequenzen und seriellen Arbeiten. Er vollendet seine Frankfurt Serie und widmet sich verstärkt der Serie „100mal100“ und „Bilderfolgen“.
1992 wird Stohrer in Essen zum 1. Vorsitzenden des WBK (Wirtschaftsverband Bildender Künstler) gewählt. Eine Zäsur für den eher konservativen Verband mit 180 Mitgliedern wie auch für Stohrer, der nun sein kuratorisches Talent entdeckt. Als Forum Bildender Künstler bietet der WBK, neben dem Kunsthaus Essen e.V., eine der wenigen von Kunstschaffenden organisierten Orte für Gegenwartskunst in der Stadt. Stohrer will die Künstler sichtbarer werden lassen. Die ersten Ausstellungskataloge entstehen in der Kölner Litho-Werkstatt Miess, die auch Gerhard Richter grafisch betreut. Dort lernt Stohrer u.a. die Fotografin Doris Frohnapfel und den Maler Peter Tollens kennen. Auch die Künstlerbrüder Maik & Dirk Löbbert kreuzen hier seinen Weg. Diese und andere Begegnungen in der Kölner Kunstszene inspirieren Stohrer und markieren Abzweigungen auf seinem Lebensweg, die er später beschreiten wird.
Der neue Vorsitzende des WBK setzt auf aktuelle Entwicklungen in der Kunst und öffnet den Verband nach außen. Seine Kölner Kontakte zu Künstler*innen ermöglichen einen intensiveren Austausch zwischen dem Ruhrgebiet und dem Rheinland. Eine überaus produktive und bereichernde Zusammenarbeit entsteht mit der Künstlerin und WBK-Vorstandsmitglied Gunhild Söhn und dem jungen Kunsthistoriker Clemens Heinrichs. Programmatisch für den neuen Kurs ist die erste Ausstellung mit dem ironischen Titel:
„6 Räume – Wer alles sieht, sieht nichts“.
Wer alles sieht, sieht nichts!
1994-2004
Es folgen Ausstellungsreihen: „Frauen I und Frauen II“ – lange bevor Kunst von Frauen im Trend liegt. Künstler*innenpaare werden in „Zu Zweit“ vorgestellt, u.a. mit den Brüdern Maik & Dirk Löbbert. In den Reihen „Labor“ und „Updating Foto & Video“ geht es um Fotografie, Installation und Medienkunst mit Newcomern wie Judith Samen und Michaela Melián. Neue bildhauerische Positionen wie die von Gunda Förster oder Karin Hochstatter, aber auch konkrete Farbmalerei beispielsweise von Peter Tollens oder Ulrich Wellmann werden erstmals in Essen gezeigt. Stohrer gestaltet dazu die Kataloge der Ausstellungen. Angeregt durch den Schriftentausch mit Institutionen beginnt er Einladungskarten und Ausstellungskataloge zu sammeln und legt damit den Grundstock für seine spätere Arbeit „Fette Beute“.
1994 ändert sich die berufliche Situation, die Regisseurin Savić wechselt vom Theater zum Fernsehen und Stohrer konzentriert sich auf die Produktion von Kunst als Künstler wie Kurator. Essen-Kettwig wird wieder Lebensmittelpunkt und das städtische Atelier in Essen-Borbeck die neue Produktionsstätte. Hier entstehen die ersten „Malkörper“ und auch die vielteilige „Installation 2000“ sowie die raumgreifenden „Raumzeichen“ werden in diesem Atelier konzipiert und produziert.
Stohrers Lust und Spaß beim Verschränken von Kunst und Leben zeigt sich besonders sinnfällig in der Ausstellung „Novak & Kohlenbrandner“ mit Clemens Willenberg. Zwei Wochen lang wurde das gesamte Borbecker Atelier zur Dunkelkammer. Gezeigt wurde eine lichtempfindliche Rauminstallation von zwei Künstlern, die so geheimnisvoll und lichtscheu blieben wie die beiden Verbrecher, deren große Portraits die Wände schmückten. Der Schauspieler Daniel Werner agierte als Pseudo-Kunsthistoriker und trug zwei erdachte Künstlerbiografien sehr überzeugend vor. Immerhin gaben die Spaßvögel noch eine reale Edition 1999 heraus, wenngleich unter Pseudonym Novak & Kohlenbrandner.
1999 werden auch die „Malkörper“ erstmals unter diesem Titel ausgestellt, die Stadt Essen kauft in Folge ein paar Arbeiten während der Präsentationen in den Jahren 2000 und 2004 im Museum Folkwang an. Der Beginn des neuen Jahrtausends ist geprägt von vielen gemeinschaftlichen Projekten, vor allem mit den Künstlerinnen Anne Berlit und Astrid Bartels, die Stohrer im Forum Bildender Künstler kennengelernt hat. Mit dem inzwischen verstorbenen Künstlerkollegen Dirk Hupe, den er schon früh ausstellte, entwickelte sich ebenfalls eine über die gemeinsame Projekt-Arbeit hinaus währende Freundschaft.
Durch alle Raster
2004-2017
Da die Anmietung städtischer Ateliers zeitlich begrenzt ist, sucht Stohrer Anfang der 2000er Jahre neue Arbeitsräume. Mit der Kollegin Anne Berlit teilt er sich ein Ladenlokal in Essen-Kettwig – zufällig sind es dieselben Räumlichkeiten wie 40 Jahre zuvor: Werkstatt-Kettwig. Berlit/Stohrer entschließen sich, daraus einen Ausstellungsort zu machen, denn Räume für aktuelle Kunst in Essen sind immer noch rar. Die erste Ausstellung des BeSt Kunstraums heißt: „49,99“ und wird am 08.12.2004 eröffnet. 33 arrivierte Künstler*innen reichen Werke ein, die sie zu einem Preis von 49,99 € zum Kauf anbieten – einerseits ein augenzwinkernder Seitenhieb auf den Kunstmarkt, andererseits ein selbstbewusstes künstlerisches Statement.
Bis 2013 zeigen Stohrer und Berlit 20 Ausstellungen im BeSt Kunstraum mit jungen Künstler*innen der Kunstakademie Düsseldorf unter anderem Ying-Ming-Ming, Julia Bünnagel, aber auch mit erfahreneren Kunstschaffenden wie Christian Paulsen, Monika Günther und Ruedi Schill.
Inzwischen ist Stohrer als Kurator von Gegenwartskunst so erfahren, dass er ab 2012 mit der Durchführung von Ausstellungen in der Städtischen Galerie Schloss Borbeck beauftragt wird.
Die Werke des Künstlers beziehen sich zunehmend auf den Raum. Nach der „Installation 2000“ und Gestaltung vorwiegend weißer architektonischer Objektbilder sowie experimentellen Arbeiten mit Epoxydharz, beschäftigt sich Stohrer mit farbstarken Rasterbildern, die er installativ präsentiert. Etwa 2009 beginnt er parallel mit den Serien „Boxen“, „Im Bau“ und „Content“: Er schafft Malobjekte aus Holz, Fotokopie und Karton als ironische Antwort auf die städtische Bauwut im Pseudo-Bauhaus-Stil einerseits und andererseits als Zustandsbeschreibung einer sich selbst verbauenden, gerasterten Gesellschaft.
Zu den herausragenden Ausstellungen der letzten Jahre zählt „Fette Beute-das dialogale Quartett“ im Kunstmuseum Ahlen. Unter der Leitung des inzwischen verstorbenen Museumsdirektors, Burkhard Leismann, entsteht 2008 eine von Stohrer, Gunhild Söhn, Anke Eilergerhard und Andreas Komotzki konzipierte Ausstellung, die mit der klassischen Autorenschaft zu brechen versucht, indem sie die jeweiligen Einzelwerke in den Dienst des Gesamtkunstwerks stellt.
Ab 2012 konzentriert sich Stohrer verstärkt auf Farbmalerei – etwa in der Serie „Study for“. Nach eher kleinformatigen Studien entstehen nun große Farbmalereien auf Leinwand und Holz – mal in zurückhaltendem Grau, mal in starken Farbvariationen von Magenta, Türkis, Grün und Rot.
Er schafft sich mit seiner Farbmalerei einen emotionalen Ausgleich zu seinen Aufgaben als Kurator und Grafikdesigner für das Kulturzentrum Schloß Borbeck.
Stohrer ist, wie auch der damalige Leiter Dr. Bernd Mengede, hoch engagiert für die kulturelle Weiterentwicklung der Stadt. Mit Mut und Beharrlichkeit schafft ein kleines Team es, den Ort im Essener Westen für hochkarätige Konzerte und aktuelle überregionale Kunst zu etablieren. Stohrer zeigt in der Galerie hauptsächlich raumbezogene Kunst, so u.a. von Martin Pfeifle, Heike Weber, Paul Schwer. Auch die barocke Parkanlage wird in Kunstereignisse mit einbezogen, zuletzt mit Lichtinstallationen von Rainer Plum und Nikola Dicke.
Nichts deutet darauf hin, dass Peter Stohrer bald aus seinem künstlerisch produktiven Leben herausgerissen werden würde. 2016 war er inmitten einer umfangreichen Katalogproduktion für den Künstler Rudolf Knubel, als bei ihm ein Gehirntumor diagnostiziert wurde. Dennoch arbeitete er, so gut er konnte weiter und bereitete seine Einzelausstellung 2017 im Kunstmuseum Ahlen vor. Beim Aufbau dieser Ausstellung unterstützte ihn seine Künstlerfreundin Gunhild Söhn.
An der Ausstellungseröffnung „Farbräume“ konnte Stohrer jedoch nicht mehr teilnehmen, er fühlte sich bereits zu schwach. Am letzten Ausstellungstag schaffte er es dann doch noch, seine Ausstellung zu sehen. Bis zuletzt blieb er geduldig mit der Krankheit, der Welt und den Menschen in seiner Nähe. Er verstarb am 20. November 2017 zu Hause in Essen-Kettwig.
„Ich kann mir ein Leben ohne Kunst nicht vorstellen“, hatte er in einem Interview gesagt. Das musste er nicht, hingegen muss die Kunst nun ohne ihn auskommen.