Kurator
Peter Stohrer machte schon früh die Erfahrung in Gemeinschaften zu arbeiten und mit ihnen gemeinsame Ziele zu verfolgen, nicht jedoch ohne klare eigene Vorstellungen, wie sie ausgestattet werden könnten. Er war sehr gut informiert, was aktuell in der Kunstszene verhandelt wurde und hatte ein gutes Gespür für künstlerisch wie gesellschaftlich relevante Positionen. So hat er auch in der Regel, diejenigen Künstler*innen ausgestellt, denen es nicht genügte ihr Bild an die Wand zu hängen oder ihr Objekt zu präsentieren, sondern diejenigen, die über ihren individuellen Kunstrahmen hinaus die Welt erdachten und betrachteten. Seine politische Agenda war, als Künstler wie Kurator, der Raum, den es zu definieren galt.
Mit vielen der ausgestellten Künstler*innen realisierte er auch als Grafiker Kataloge, die die jeweilige Ausstellung dokumentierten.
So war eine intensive Beschäftigung mit der künstlerischen Position von der ersten Begegnung bis hin zum Arbeitsprozess des Ausstellungsaufbaus und der späteren Reflexion für Stohrer eine ganzheitliche Aufgabe. Diese „Rundumbetreuung“ einer Künstlerkolleg*in war im Kunstbetrieb selten – oft ergaben sich daher aus Arbeitsbeziehungen Freundschaften.
Er selbst trat nicht als Kunstvermittler im akademischen Sinne auf: Bei Vernissagen beschränkte er sich auf das Begrüßen der Anwesenden, die Einführungsreden hielten hierzu engagierte Kunsthistoriker*innen.
Als Kurator in Essen prägte Stohrer mehrere Jahre drei Kunstorte: Das Forum Bildender Künstler (1993-1997), das damals noch in der Alten Synagoge beheimatet war, den BeSt Kunstraum Kettwig (2004-2013), den er gemeinsam mit der Künstlerin Anne Berlit betrieb und die Städtische Galerie Schloss Borbeck (2012-2017) im Westen der Stadt.
Städtische Galerie Schloss Borbeck, 2016
Notizen zu den Ausstellungen 2016
In diesem Jahr sollte der Umbau des Wirtschaftsgebäudes, in dem die Galerie sich befindet, beginnen. Peter Stohrer plante mehrere Ausstellungs-Projekte außerhalb der Galerie. Realisiert wurde die ständige Lichtinstallation von Susanne Stähli in der Kapelle des Schlosses sowie zwei einmalige Events,
die überaus beeindruckende wie aufwändige Laserinstallation von Rainer Plum im Schlosspark und eine Video-Musik-Performance des Klang Künstlers Florian Walter und des Video-Künstlers khm im Kammermusiksaal des Schlosses. Da Peter Stohrer im Herbst des Jahres 2016 erkrankte, konnten weitere Projekte nicht mehr realisiert werden.
Städtische Galerie Schloss Borbeck, 2015
Notizen zu den Ausstellungen 2015
Als Kurator der Städtischen Galerie Schloß Borbeck oblag Peter Stohrer, in Absprache mit dem damaligen Leiter Dr. Bernd Mengde, nicht nur die Auswahl der Künstler*innen, die Organisation der Ausstellung und deren Realisierung, sondern auch immer wieder das Einwerben von Drittmitteln. So konnte auch die materialaufwändige Produktion von Nikola Ukićs Projekt „Blow Up“ ermöglicht werden – die Skulpturen entstanden auf dem Gelände der Zeche Carl. Für Irritationen sorgte die sensible Papier- und Dachlatteninstallation des Künstlers Klaus Schmitt:
Das Aufsichtspersonal fühlte sich eingesperrt und die Verwaltung hatte Sorge um die Fluchtwege. All dies konnte ausgeräumt werden, aber es zeigte doch auch die Grenzen des Experimentierens auf. Den kommenden Umbau vor Augen, holte Stohrer den Installationskünstler Paul Schwer mit einem verlockenden Angebot in die Galerie: Schwer durfte künstlerisch ankündigen, was demnächst in den Räumen geschehen würde. Die Kölner Videokünstlerin Annebarbe Kau schließlich sorgte für einen poetischen und spartenübergreifenden Abschluss mit ihren „Videoliedern“.
Städtische Galerie Schloss Borbeck, 2014
Notizen zu den Ausstellungen 2014
Dieses Ausstellungsjahr stand ganz im Zeichen von Raummalerei und Raumzeichnung. Angeregt durch seine Ausstellungs- und Atelierbesuche reifte bei Stohrer meist auch die Idee und Konzeption für ein Ausstellungsjahr. Der Atelierbesuch von Volker Saul und seine eigenwillige Wandmalerei gaben den ersten Impuls für den Schwerpunkt des Ausstellungsjahres. Raymund Kaisers Arbeiten waren Stohrer bereits bekannt und die Berliner Künstlerin
Rebecca Michaelis entdeckte er beim Durchstöbern von Katalogen, was ja seine Leidenschaft war. Ein Wunsch von Dr. Bernd Mengede und Birthe Marfording war es zudem, auf die wechselvolle Geschichte des Schlosses und ihrer Stifterinnen, den FürstÄbtissinnen einzugehen. Da bot sich – fast wie von selbst – die Künstlerin und Lichtzeichnerin Nikola Dicke an, die eine Woche lang mit ihrer Projektion, den Blick auf die Historie des Ortes lenkte.
Städtische Galerie Schloss Borbeck, 2013
Notizen zu den Ausstellungen 2013
Das Ausstellungsjahr 2013 rückte Rauminstallationen in den Vordergrund, die das Raumgefühl nachhaltig verändern. Besonders deutlich wurde es durch die installativen Eingriffe von Martin Pfeifle in „Sava“ und Heike Weber in „Cosmos“, aber auch die „Codes“ von Anne Berlit sorgten durch ihre farbig präzise austarierten Zwischenräume für Rhythmisierungen des Sehens. Gemeinsam ist allen diesen Arbeiten, dass sich die Besucher*innen bewegen „müssen“,
wollen sie den Raum für sich körperlich erfahrbar machen. Die vierte Ausstellung des Jahres trug den Titel “Himmelsstücke“ und stellte die fotografischen, klanginstallativen Arbeiten der Professorin für Fotografie an der Folkwang Universität, Elke Seeger, aus. Die Künstlerin spielte dabei mit fotografischen Überlagerungen und Klang auf die Flüchtigkeit der zeitlichen Erscheinung „Himmel“ an.
Städtische Galerie Schloss Borbeck, 2012
Notizen zu den Ausstellungen 2012
Peter Stohrer hat 2012 zunächst noch ein paar Ausstellungen der bisherigen Leiterin der Städtischen Galerie Schloss Borbeck, Inge Ludescher, übernommen, so dass das Programm nicht vollständig von ihm konzipiert wurde und eine Vielzahl unterschiedlicher Positionen vor allem im Bereich der Fotografie und Video zeigt. Hans-Peter Webel hat er eingeladen, weil er sich noch sehr gut an seine „Anproben“ von Gipsornamenten erinnern konnte und diesen ironischen Ansatz sehr gut fand für den historischen Ausstellungsort. Johanna Schwarz war schon im BeSt Kunstraum zu Gast- Peter Stohrer wusste
um ihren eigenwilligen, philosophisch-poetischen Umgang mit visuellen Zeichensetzungen von Zeichnungen und Schriftbildern bis Objekten. Joanna Schultes Fotoarbeiten waren bereits gesetzt und er unterstützte insbesondere den installativen Ansatz der Künstlerin. Es ist Zufall, dass sich in diesem Ausstellungsjahr 2012 vieles um Tod, Vergänglichkeit und der Sehnsucht nach einem erfüllten Leben dreht, aber manchmal gibt es wohl auch Verbindungen, die einfach passieren. Das ist vielleicht auch das Magische, das ein Ort ausstrahlen kann.
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen
Anne Berlit und Peter Stohrer eröffneten im Dezember 2004 den BeSt (Abk. für Berlit/Stohrer) Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst in Essen-Kettwig. Zu ihrer ersten Ausstellung luden sie namhafte Künstler*innen ein Werk zur Verfügung zu stellen, welches man für 49,99 € kaufen kann. Allerdings unter einer Bedingung: Ohne Namensnennung. Ziel dieser ironischen Einladung war es , die Kunst und nicht den Namen in den Vordergrund zu stellen.
Die Ausstellung wurde ein großer Erfolg und führte bis 2013 zu 20 Ausstellungen raumbezogener Kunst. Im Laufe der Jahre wurden junge
und arrivierte Künstler*innen aus NRW gezeigt, aber auch aus anderen Landesteilen sowie Großbritannien und der Schweiz.
Der BeSt Kunstraum wurde bis auf eine Förderung aus der Schweiz, trotz mehrmaliger Anträge an die Stadt Essen, nicht gefördert, da kein Verein dahinter stand und man ihn als kommerziellen Galerieraum verstand. Stohrer/Berlit betrieben die Ausstellungen auf eigene Kosten, auch die Künstler*innen trugen mit ihrem Einsatz zur Realisierung bei. Peter Stohrer hielt mehrere Jahre die regelmäßigen Öffnungszeiten ein, bis er die Städtische Galerie Schloß Borbeck übernahm.
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2013
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2012
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2011
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2010
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2009
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2008
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2007
BeSt Kunstraum – Raum für Gegenwartskunst Essen, 2005
WBK-Forum Bildender Künstler 1993-1998
1999 | Forum Bildender Künstler, Essen (G)Forum Bildender Künstler, Essen (G) |
1998 | „Labor“, 4-teilige Ausstellungsreihe mit 21 Künstlern, (KU) Katalog, 78 Seiten |
1996 | „Updating Foto und Video“, 5-teilige Ausstellungsreihe mit 8 Künstlern, (KU) Katalog, 30 Seiten, Forum Bildender Künstler, Essen (G) |
1995 | „Dirk Hupe – Bob Gramsma“, Ausstellung, (KU) Katalog, 32 Seiten, Forum Bildender Künstler, Essen (G) „Peter Tollens – Farbmalerei“, Ausstellung, Forum Bildender Künstler, Essen (KU) |
1994 | „Zu Zweit“, 8-teilige Ausstellungsreihe mit 17 Künstlern, (KU) Katalog, 74 Seiten, Forum Bildender Künstler, Essen (G) |
1993 | „Doris Frohnapfel – Attitudes Passionnelles“, Katalog, 34 Seiten, (G) „Frauen I und II“, Katalog, 28 Seiten, Forum Bildender Künstler, Essen (G) |